Küsterberg


Gras im Wald

Besichtigungstermin: Der Verkäufer hatte gerade ein Maximum an Holz herausgeholt.
Im Hintergrund sieht man einen Kahlschlag.
Diese Kahlschlag-Fläche kann der Wind von drei Seiten austrocknen. Es gibt kein Waldklima mehr.

Der Vorbesitzer hat nach diesem Kahlschlag gepflügt und angepflanzt, und zwar Douglasien. Man sieht noch einzelne grüne Flecken.

Damals meinte ich, daraus würde der Wald wieder entstehen. Doch wenige Monate später, als der Wald mir nun gehörte, waren die kleinen Douglasien verschwunden. Denn Douglasien wollen in ihrer Jugend im Schatten wachsen, brauchen Schutz vor Frost und Trockenheit, brauchen ein mildes Waldklima.
Nun hatte ich also eine Graswüste gekauft. Hat sich erst mal solches Gras der Fläche bemächtigt, kann dort auch kein Wald entstehen.

Woher kommt das viele Gras im Wald, speziell das hohe, harte Calamagrostis?
Die Förster sehen die Ursache im Dünger, der von den Äckern in den Wald hineinweht; dort lagert er sich oberflächlich ab.

Kleine Robinien vom Gras bedrängt
Das meterhohe Raitgras verdämmt junge Robinien

„Licht – Gras – Maus – aus!“ 
Wann immer sich im Wald grosse Lücken auftun, und man nicht sogleich nachpflanzt oder durch Bodenverwundung für Naturverjüngung sorgt, wächst dort erstmal Gras und in dem Gras entstehen Mäuseburgen. Mäuse ringeln Baumsetzlinge, knabbern ihre Rinde am Fuss ab. Wiesel wären hier eine Hilfe, auch der Fuchs.

Kiefer verdämmt
Dieses hohe Gras entzieht den kleinen Bäumen Licht, Wasser und Nährstoffe. Im Winter drückt es die kleinen Bäumchen auf den Boden, es verdämmt sie.

Wo der Vorbesitzer schon einmal gepflügt hatte, waren die Pflugstreifen inzwischen zugewachsen und die kleinen Douglasien vertrocknet. Nochmals über bestehende Furchen zu pflügen ist schwierig…

Glyphosat

6 Liter RoundUp – das viel geschmähte Glyphosat. Im Forst wird es sehr kontrolliert in winzigen Dosen abgegeben von zertifizierten Waldarbeitern – nicht so unbedarft wie Eigenheimbesitzer, die damit beispielsweise ihr Pflaster unkrautfrei halten.

Damit die Bäume hier eine Chance haben, wählt man eine in der Jugend schnell wachsende Baumart – eine Baumart, die keinen Schirm braucht, sondern das viele Licht nutzen kann:

Lärche


Die Lärche ist diese schnell wachsende Lichtbaumart.

Kosten dafür in 2012:
8300 Lärchen auf 1,5 ha gepflanzt7.100 €
6 Liter Roundup auf 1,5 ha ausgebracht374 €
Pflügen und Zaun2.553 €
Keine Förderung (aber effektiv)
für 1,5 ha
10.000 €
Vor den Lärchen sieht man auch eine Douglasie, sie stammt von jener Anpflanzung des Vorbesitzers um 2010 herum. Diese hier konnte überleben, weil sie am Rand des Kahlschlags wuchs, wo sie noch etwas Schutz genoss.
Farbgrenzen Wald
In die rosa markierte Fläche von 1,5 ha wurden 8.300 Lärchen gepflanzt.
In die orange markierten 1,8 Hektar kamen 11.900 Roteichen.
Im grossen Feld rechts kommt Naturverjüngung, in der rechten Hälfte auf 4,3 ha eine Laubholzmischung ohne Roteichen.

Roteichen – gefördert

Der Küsterberg ist auf der Kuppe trocken, an seinem Fuss aber etwas fruchtbarer, das zeigt auch der massive Graswuchs. Hier könnte man es mit Laubbäumen probieren. Laubbäume unter Kiefern zu pflanzen wird staatlich gefördert.

Satelliten Foto zeigt Roteichenpflanzung zwischen Kiefern
Roteichenpflanzung zwischen Kiefern. Sie beschatten den Waldboden. Die kleineren grünen Punkte ausserhalb der Anpflanzung sind junge Kiefern aus der Naturverjüngung.

Laubbäume schützen vor Waldbränden. Vor allem beschatten ihre Blätter den Boden unter den Kiefern. So kommen diese besser durch einen heissen trockenen Sommer. Im Herbst lassen Laubbäume ihre Blätter fallen, so entsteht eine Humusschicht. Im Winter verdunstet ein Baum ohne Blätter keine Feuchtigkeit und schont damit das spärliche Nass. Beides hilft, den Wald zu erhalten.

Daran dachte man nicht, als man lauter Monokulturen aus Kiefern pflanzte – sie wachsen schnell auch auf sandigem, mageren Boden. Aber es scheint nicht einfach, mit Laubholz Geld zu verdienen. Die holzverarbeitende Industrie in Brandenburg ist auf Laubholz (noch) nicht eingestellt. Die staatliche Förderung ist deshalb ein notwendiger Anreiz.

Reihen mit kleinen Roteichen
Reihen mit kleinen Roteichen unter alten Kiefern
Fläche 1,7 ha fräsen und Zaun4.352 €
11.900 Roteichen pflanzen8.355 €
Summe12.707 €
Förderung 58%-7.349 €
Eigenanteil 42%5.358 €

Danach muss jährlich das Gras gemäht werden, bis die Jungbäume darüber hinausgewachsen sind. Auch das wird gefördert, muss beantragt, organisiert, nachgewiesen und abgerechnet werden. Das Geld erhält man jeweils knapp ein Jahr später.
Nach etwa zehn Jahren wird der Jungbestand gepflegt. Je nach Bodenqualität, Klima und Baumart vergehen dann weitere 50-80 Jahre bis zu einer Holzernte.

Für viele private Waldbesitzer ist dieser Voranbau mit Laubholz eine ungewohnte finanzielle Anstrengung: Um einen kleinen Wald von 2 ha ökologisch umzubauen, müssen erstmal 12.000 Euro vorgestreckt werden.
Das ist finanzierbar, wenn man zuvor viele dicke Kiefern gefällt und so Licht und Platz geschaffen hat, um Laubholz anpflanzen zu können. Der Erlös aus dem Holzverkauf kann die Neupflanzung finanzieren.

Naturverjüngung

Viel kostengünstiger als Anpflanzung ist die Naturverjüngung. Hier lässt man die Samen der vorhandenen Bäume keimen. Damit das gelingt, muss zuvor die Mulchschicht verletzt werden, denn die Samen können auf einer Nadelschicht oder Mulch nicht keimen. Samen brauchen den Kontakt zum Mineralboden.

Man kann dies mit leichtem Pflügen oder Grubbern erreichen, oder indem man gefällte Stämme von Pferden an den Wegrand schleppen lässt. Bei hohem Gras aber muss gepflügt werden.

Hinter dem Zaun ein Waldstück mit Naturverjüngung. Davor ein Waldstück, das sich selbst überlassen blieb. Hier vertrocknen die Bäume nach und nach. Kein Nachwuchs beschattet den Boden.

Kiefern und Lärchen sind Lichtbaumarten. Reicht ihnen das Licht nicht, gehen sie wieder ein. Deshalb: Nicht nur der Boden, auch das Kronendach muss „aufgerissen“ werden.

Bäume, die vor Ort keimen, bilden von Anfang an tiefere Wurzeln. Die Setzlinge aus der Baumschule haben naturgemäss kurze oder gar gekürzte Wurzeln. Oft vertrocknen diese nach dem Pflanzen im Wald, da der Regen im Frühjahr immer öfter ausfällt. Auch aus diesem Grund wird nun vermehrt auf die alte Technik des Säens im Wald zurückgegriffen.
Siehe: LWF Bayern

Auf dieser Lichtung versuchen junge Kiefern die Konkurrenzvegetation zu überwachsen.

Laubholz ohne Roteichen

Sieben Jahre nach dem letzten Holzeinschlag konnte am Küsterberg wieder Holz geerntet werden. Leider viel zu grosszügig.

Ein Forstwirt zeichnete aus, was gefällt werden soll. Der Harvesterfahrer hielt sich nicht daran, holte zu viel heraus. Dann kam der Sturm und knickte die nun frei stehenden Kiefern. Sie hatten sich noch nicht besser im Boden verwurzelt, da wurden sechzig Stämme schon umgerissen.

Jetzt war ein Voranbau mit Laubholz angezeigt!
Der Schirm aus Kiefern hatte gerade die richtige Lichtdurchlässigkeit.

In 2012 war ein Teilstück von 1,7 ha mit Roteichen bepflanzt worden – mit Erfolg! Roteichen wachsen im Jugendstadium schnell, entwachsen der Vergrasung. Roteichen kommen gut zurecht mit Brandenburgs mageren und trockenen Böden.

Doch diesmal sollte es für Roteichen keine Förderung geben – obwohl im selben Flurstück. Der Leiter des Naturparks Hoher Fläming hatte verfügt, im Landschaftsschutzgebiet würden Roteichen das Bild stören, sie gehören nicht hierher. Roteichen wurden erst Ende 17. Jahrhunderts aus Norddamerika eingeführt: Ein Neophyt! Aber sie übertreffen die Leistung heimischer Eichen- oder Kiefernbestände auf gleichen Standort deutlich.

Mehr zur Roteiche in Waldwissen.net

„Im Vergleich zu den in Mitteleuropa heimischen Eichenarten ist die Roteiche resistenter gegen Schädlinge, schattenverträglicher und zuwachsstärker. Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Roteiche als Ersatz für die einheimischen Eichen-Arten angepflanzt, die durch Fraßschäden sehr dezimiert wurden. Ihr ökologisches Potenzial als nachteilige invasive Art aber auch als möglicherweise vorteilhafte Art im Rahmen des forstwirtschaftlichen Leitbildes Klimaplastischer Wald ist jedoch nicht abschließend geklärt -“

weiss Wikipedia.

Genau dieser Konflikt tat sich hier auf: 2012 wurde am Küsterberg die Anpflanzung von Roteichen noch gefördert, 2019 aus Gründen der Reinhaltung lokaler Flora aber davon ausgeschlossen. Und zu guter Letzt: 2022 versichert mir der Leiter der Förderstelle, dass es ein solches Verbot nie gegeben habe.

Bei der vollflächige Unterpflanzung von 4,3 ha mit Traubeneichen wäre die Förderung wesentlich kräftiger ausgefallen: Bei 25.800 Eichen à 1.400,-/Tsd. hätte die Förderung der Pflanzen allein 36.000 € erbracht.
Bei der truppweisen Pflanzung werden viel weniger Pflanzen pro Hektar gefördert, nämlich hier: 13.000 Stück Laubholz für 17.765 €

Da ich aber schon so viele kränkelnde Traubeneichen erlebt hatte, wählte ich lieber eine „truppweise Pflanzung“ mit verschiedenen Baumarten neben den unumgänglichen 3.200 Traubeneichen, nämlich:

4.600Birken
2.500Ebereschen
2.600Traubeneichen
2.000Winterlinde
100Spitzahorn
200Vogelkirsche
100Wildapfel

Diese Vielfalt mag ökologisch ein Gewinn sein, aber finanziell erscheint diese bunte Mischung mehr wie eine Liebhaberei. Was kostet sie?

Förderfläche 4,3 ha Pflügen und Zaunbau,
13.000 Stück Laubholz gepflanzt =
17.765 €
1,500 Esskastanien privat2.000 €
Summe
Förderung 50%
19.765 €
-9.804 €

Zusätzlich liess ich 1.500 Esskastanien pflanzen; sie kosteten 2.000 €, ohne Förderung privat bezahlt, weil „die Esskastanie gehört auch nicht hierher“!
Doch viele Forstleute setzen grosse Hoffnung in sie. Seit der Römerzeit ernährte sie die Menschen an der Alpensüdseite, die dort kaum Getreide und Kartoffeln ziehen konnten.
Hierzulande gefährdet allerdings Frost im Mai ihre jungen Blätter.

Linde und Esskastanie in Blüte
Linde und Esskastanie in Blüte
Die Winterlinde entwickelt sich hier sehr gut. Sollte sie verschwinden, zeigt die Bezeichnung WL am Stamm dahinter, wo man sie suchen muss.
Küsterberg: Laubholz zwischen Naturverjüngung im ersten Jahr

Stehend Entnahme

Zehn Jahre nach dem Pflanzen war es Zeit, den Schirm über den Roteichen und über der Naturverjüngung zu ernten.

Dies ist eine heikle Operation, weshalb hier ein Harvester mit besonders langem Arm eingesetzt wurde. Zwar stehen die Kiefern, die den Schirm über den Jungeichen bilden, weit auseinander, doch wenn diese zwanzig Meter langen Bäume fallen, zerschmettern ihre Kronen die Jungbäume darunter und ein guter Teil der Anpflanzung geht kaputt.

Dieser Harvester legt die Stammabschnitte zwischen die Reihen der jungen Laubbäume

Bei der Stehend-Entnahme wird der Baum automatisch entastet und in die drei oder sechs Meter langen Stücke zersägt – und zwar gleich über dem passenden Sortiment, so dass das abgesägte Stück gerade auf den richtige Haufen fällt. Diese Haufen liegen jeweils zwischen den Reihen der Jungpflanzen – eine Präzisionsarbeit!

Die Rückegasse

Als Gegengewicht für seinen überlangen Greifarm muss der Harvester selbst sehr viel Eigengewicht mitbringen. Diese Tonnen pressen den Waldboden zusammen, machen ihn undurchlässig für Wasser und Wurzeln. Um den Druck der Reifen besser zu verteilen, wurden hier das Kronenmaterial und alle unverkäuflichen Holzabschnitte vor dem Harvester abgelegt, so dass er auf einem Holzhaufen fährt.
Noch vor wenigen Jahren verkaufte man auch dieses Material als Holzhäcksel. Heute erscheint es viel wichtiger, möglichst viel Biomasse dem Boden zurückzugeben, weil er darin Feuchtigkeit speichern kann. Die Brandenburger Sandböden halten kaum Wasser.

Kronenmaterial und Restholz wird vor dem Harvester aufgeschichtet, damit sich sein Gewicht besser verteilt, weniger Schaden anrichtet. Links und rechts davon haben die jungen Roteichen die Fällung fast unverletzt überstanden.

Wieviel Erlös bleibt übrig?

In 2017 war die letzte Holzernte am Küsterberg, damals haben Harvester und Sturm die Reihen gelichtet, so dass Platz entstand für eine Voranbau mit Laubholz. Fünf Jahre später werden wieder Kiefern gererntet, jetzt aber der Schirm über den vor zehn Jahren gepflanzten Roteichen und über der ebenso alten Kiefern-Naturverjüngung.

Die Stämme zeigen einen eindrucksvollen Zuwachs in den 12 Jahren seit der letzten Durchforstung. Hier liegt Holz im Verkaufswert von rund 20.000,-
Küsterberg 14 haEinnahmen
2017 Holzernte20.000 €
2018 Sturmholz 3.700 €
2022 Holzernte (Schirm)20.000 €
Förderung 20127.350 €
Förderung 20199.800 €
Einnahmen Küsterberg60.850
Pflanzen und PflegenInvestitionen
Naturverjüngung anregen1.000 €
2,55 ha Zaun, Gift1.060 €
8.300 Lärchen Pflügen, Zaun10.000 €
Kulturpflege300 €
1,8 ha Pflügen, Zaunbau4.352 €
1.900 Roteichen pflanzen8.355 €
2019 4,3 ha Pflügen, Zaunbau
14.500 Laubholz gepflanzt19.765 €
Investition Küsterberg 44.832
Laufende Kostenjährlich
Sozialversicherung300 €
Wasser/Boden100 €
Grundsteuer10 €
FBG Mitglied.70 €
Jährlich für 14 ha.

Von 2011 bis 2022 = 11 x 480€
480 €

5.280

In der Zeit vom Kauf 2011 bis 2022 – der letzten Holz-Ernte – übertrafen die Einnahmen die Ausgaben um rund 10.000 €. Es wird noch eine weitere Holzernte möglich sein, wenn der Schirm der alten Kiefern gefällt werden kann – frühestens 2029.
Danach wird es die folgenden sechs, sieben Jahrzehnte keine grossen Stämme mehr zu ernten geben – sie müssen erst wachsen. In dieser Zeit bleiben die laufenden Kosten von jetzt 480 jährlich (steigend!), das sind über die Jahrzehnte Ausgaben von 30.000 – 40.000 € bis ein Holzeinschlag wieder Einnahmen bringt.